… worum es geht und wo es hingehen soll, wollen wir natürlich nicht verschweigen, bevor wir tiefer in die Materie einsteigen. Etwas mehr als ein Jahr hat die Planung des Projektes BiPeer gedauert. Protagonisten der Vorgeschichte: zwei engagierte Forscherinnen, eine relevante, wissenschaftlich noch nicht beantwortete Frage und nicht geklärte Haushalte der Bundesregierung.
Warum Letzteres?
BiPeer wird im Rahmen des Forschungsschwerpunkts „Sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. In diesem Forschungsschwerpunkt gab es zwei Förderwellen, wobei die zweite, zu der BiPeer gehört, erst starten konnte, als nach den Bundestagswahlen im Jahr 2014 der Haushalt des BMBF stand. So wirkt die große Politik auch auf kleine Forschungsvorhaben.
Wissenschaft schafft selten allein, sondern meistens im Verbund. Für BiPeer ist das neben dem BMBF-Forschungsschwerpunkt „Sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit“ die Zuordnung zum IDeA-Zentrum, an dem individuelle Entwicklungsprozesse bei Kindern in den ersten zwölf Lebensjahren erforscht und Ansätze zur individuellen Lernförderung auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.
Doch genug Namedropping. Worum geht es bei BiPeer eigentlich genau?
Kinder mit Zuwanderungshintergrund schneiden schlechter ab, wenn ihre Lesekompetenz beim Deutschlesen gemessen wird. Sie verfügen aber durch ihre Mehrsprachigkeit über kognitive Ressourcen, die ihnen beim Erlernen behilflich sein können. Das Problem: Wie können diese Ressourcen mobilisiert werden, wenn die Lehrerin oder der Lehrer nicht mehrsprachig sind?
Studien haben ergeben, dass Kinder mit Zuwanderungshintergrund besonders davon profitieren, wenn sie Lern-Tandems bilden und sich gegenseitig beim Lernen unterstützen. Diese Methode wird Peer-Learning genannt.
Wichtig ist dabei die Zusammensetzung der Lern-Tandems. BiPeer will herausfinden, wie Lehrerinnen und Lehrer Tandems optimal zusammensetzen und unterstützen können, dass sich die Deutsch-Lesekompetenz der Kinder bestmöglich steigern lässt. Der Sprachhintergrund der Peers und die Kommunikation im Lern-Tandem wurde in der bisherigen Forschung nämlich noch nicht näher untersucht. Aus der Vielzahl an möglichen Herkunftssprachen in deutschen Grundschulen hat sich BiPeer für das Türkische entschieden. In BiPeer arbeitet ein Kind, das Türkisch und Deutsch spricht entweder mit einem zweiten Kind zusammen, das ebenfalls beide Sprachen spricht, oder mit einem ausschließlich deutschsprachigen Kind.
Für die Tandems ergeben sich also folgende Kombinationen:
- bilingual-monolingual
- bilingual-bilingual.
Jasmin Decristan, Dominique Rauch, Katja Richter und Martin Schastak erwarten, dass sich die Lesekompetenz im Deutschen bei Türkisch-Deutsch bilingualen Kindern, die mit einem bilingualen Partner zusammen lernen, dann besonders gut entwickelt, wenn die Kinder sowohl Deutsch als auch Türkisch miteinander reden. Sie gehen also davon aus, dass der gemeinsame Rückgriff auf die Sprachkompetenz in beiden Sprachen den Erwerb der Lesekompetenz unterstützt. Türkisch-Deutsch bilinguale Kinder, die mit einem ausschließlich deutschsprachigen Kind zusammen lernen, profitieren dagegen – so die Annahme – insbesondere vom größeren Deutsch-Wortschatz des monolingualen Kindes und können so ihre Lesekompetenz im Laufe des Trainings steigern.
Was „monolingual“ und „bilingual“ bedeutet, erklären wir im nächsten Eintrag des Forschungstagebuchs, in dem es um Mehrsprachigkeitsforschung geht. (te)